Ein Hoch auf das Doppelhaushälftensiedlungsleben

Wir wohnen in so einer richtigen spießigen Doppelhaushälfte. Sardinenbüchsenartig aneinander gereiht mit zig anderen Familien – Carport, Gartenhütte, Deko im Vorgarten – ihr kennt das. Der Albtraum eines jeden boboesken Hipsters, der in seiner Altbauwohnung um sein Inseldasein bemüht ist. [1]

Nie hätte ich das gewollt, also diese Doppelhaushälfte in der Spießersiedlung. Glaubte ich zumindest. Bis vor einigen Jahren. Denn es hat sich schnell herausgestellt, dass finanziell einfach nichts anderes drin ist. Die Kreditgeber sind leider gar nicht so leiwand, wenn man in Karenz ist und ein zweites Wunder im Bauch hat. Da wollte ich es immer noch nicht (glauben), musste mich jedoch der Realität fügen und dachte

bei mir „Machst halt das Beste daraus“.

Und da sind wir nun. Im wunderschönen Burgenland (auch das hätte ich nie gedacht), in einer Doppelhaushälfte, zwei Kinder, eine Katze und (haltet Euch fest) einem Rasen im kleinen Gärtchen. Und ganz ehrlich: Ich liebe es! Jetzt nicht unbedingt die Katze und den Rasen. Ganz besonders nicht das Zusammentreffen dieser beiden. Aber alles andere!

In den warmen Monaten wuselt es bei uns auf der Straße. Alle Nachbarskinder – und davon gibt es zum Glück eine Menge – sind mehr oder weniger gemeinsam unterwegs. Die großen schauen auf die kleinen und manchmal auch umgekehrt. Überall hört man Lachen und Schreien und hofft bei Zweitem, dass es sich nicht um das eigene Kind handelt (kleiner Siedlungsscherz). Vor den Häusern stolpert man über Räder und Roller und kann währenddessen die mit Kreide gemalten Kunstwerke auf dem Asphalt betrachten. Genau das ist es, was mein Herz höher schlagen lässt.

Die Kinder werden unfassbar schnell selbständig, wenn sie mit anderen (vor allem den größeren) Kindern unterwegs sind. Das kleine Töchterchen war so stolz, als sie vorletztes Jahr mit den Großen „alleine“ durch die Siedlung fahren durfte. Und heute geht sie schon ganz selbstverständlich zum Nachbarsfreund, um zu fragen, ob sie spielen kommen darf. Sie lernen durch das Zusammensein mit den Großen natürlich auch unfassbar schnell ganz viel Blödsinn, aber das darf auch sein! Es wird gelaufen, gespielt, gelacht, gestritten, versöhnt, getanzt, geforscht, gefeiert, geklettert, gefahren, gestürzt, gegessen, gehopst, gezündelt, gewerkelt, repariert, entdeckt, gekümmert und noch so viel mehr.

Dieses Siedlungsrudel, das Beisammensein der Kinder und auch der Erwachsenen – denn wir ganz Großen verstehen uns ebenso gut, wie unsere Kinder – ist wie ein etwas zu groß geratenes Bullerbü. Das ist das Dorf, von dem immer die Rede ist, wenn es darum geht Kinder großzuziehen. Nachbarn, die mittlerweile Freunde geworden sind, wechseln sich mit der Betreuung der Kinder oder auch dem Bereitstellen des Wochenendbiers ab. Wenn jemand krank ist, werden Fahr- oder auch Einkaufsdienste übernommen. Wurde zu viel gekocht, kommen die Nachbarn in den Genuss eines Gratismenüs.

Für manche mag all das eine ganz schreckliche Vorstellung sein. Ich habe mich jedoch in mein Siedlungsrudel verliebt und freue mich jeden Tag darauf, die Haustür zu öffnen!

Schönes Wochenende!

Eure Anna


[1] Achtung: Kann Spuren von Sarkasmus enthalten